und wie erkenne ich, ob ich auch hochsensibel bin?
Diese Frage beschäftigte mich, als mir das Buch „zart im Nehmen“ von Kathrin Sohst auf der Buchmesse in Frankfurt „zufällig“ in die Hände fiel. Ich empfehle es uneingeschränkt allen, die sich mit dem Thema Hochsensibilität näher beschäftigen möchten.
Dieses Buch ist, wie Kathrin Sohst selbst schreibt, ein
„… inspirierender Cocktail aus sachlichen Informationen und authentischen Geschichten, es ist eine Sammlung von praktischen Starkmachern und ein emotionales Nachschlagewerk für den Alltag. Ein Buch, das … neue Perspektiven aufzeigen möchte.“
Das Buch ist sehr informativ, sehr inspirierend und auch sehr persönlich geschrieben. Wenn du auch seit deiner Kindheit das Gefühl hast, anders zu sein und den tiefen Wunsch hegst, dich selbst besser einordnen zu können, dann ist dieses Buch für dich geschrieben!
Kürzlich las ich den Satz von dem Philosophen Kierkegaard
„Das Leben wird vorwärts gelebt und rückwärts verstanden“.
Seit ich das Buch von Kathrin Sohst gelesen habe, fange ich an, mein Leben rückwärts zu verstehen. Es war und ist kein langweiliges Leben. Ich möchte natürlich auch mein weiteres Leben vorwärts leben und genießen, mit meinen neuen Erkenntnissen, die ich dem Buch von Kathrin Sohst verdanke. Und es ist ein gutes Gefühl, rückwärts vieles zu verstehen.
Während ich an meinem ersten Buch schrieb, einem autobiografischen Ratgeber, merkte ich immer deutlicher, dass bei mir vieles anders ist als bei anderen Menschen. Mein beruflicher Werdegang ist völlig anders verlaufen als bei allen anderen Menschen, die ich kenne. Und ich erinnere mich sehr detalliert an weit zurückliegende Begebenheiten und zwar in allen Einzelheiten. Meistens ist das gar nicht beabsichtigt, aber irgendetwas triggert mich und eine lange vergangene Episode aus meinem Leben läuft in meiner Erinnerung ab wie ein Film. Ich sehe deutlich vor mir, wie das damals war. Bisher glaubte ich, dass das ganz normal ist und dass es anderen Menschen auch so geht.
Manchmal habe ich mich allerdings sehr gewundert, dass Menschen aus meiner Umgebung sich kaum noch an Begebenheiten erinnerten, die einschneidend für ihr weiteres Leben waren. Ich fand es oft seltsam, dass die Menschen um mich herum so vergesslich waren. Dass ich mich an bedeutende Ereignisse aus dem Leben anderer Menschen genauer erinnerte als diese selbst. Bis ich bei Kathrin Sohst las, dass hochsensible Menschen
“ … Meister sind im Reflektieren von Gefühlen und Erlebnissen. … Unser episodischen Gedächtnis ist stark ausgeprägt. … Im Miteinander mit anderen hat die Oberflächlichkeit bei uns keine Chance. Wir denken gerne nach, gehen den Dingen auf den Grund, nehmen viel wahr, fragen nach, interessieren uns für unser Gegenüber und nehmen Anteil an seiner Welt.“
Nachdem ich den Fragebogen in dem Buch durchgearbeitet habe war mir klar, dass ich zu den hochsensiblen Menschen gehöre. Ich war über einige Fragen etwas verblüfft, weil ich vorher nie auf die Idee gekommen bin, dass viele der Dinge, die ich überhaupt nicht mag, ein Hinweis auf Hochsensibilität sein könnten. Ich habe mich allerdings auch nie mit Hochsensibiltät intensiver beschäftigt. Meine Stärken habe ich nie als besondere Stärken gesehen. Ich fand mich einerseits ganz „normal“, aber andererseits auch oft irgendwie „anders“; ich habe mich in vielen Situationen sehr unwohl gefühlt und mich entsprechend verhalten, mich zurückgezogen. Das ist zuerst Menschen in meiner Umgebung aufgefallen und ich musste mir oft Bemerkungen anhören wie
- Nun stell dich doch nicht so an.
- Nimm dir nicht alles so zu Herzen.
- Du siehst Gespenster!
- Leg dir ein dickeres Fell zu.
- Entspann dich doch mal.
Ich habe meistens versucht, die Erwartungen der Menschen, die mir wichtig sind, zu erfüllen. Mich den üblichen Verhaltensweisen anzupassen. Ich bin auf Parties gegangen und habe mich in Small Talk geübt. Ich habe viele Stunden in Gesellschaft von Menschen verbracht, die völlig andere Interessen und Gesprächsthemen hatten als ich. Erst heute ist mir bewußt, wie viel Kraft mich das gekostet hat.
Seit ich vor einigen Wochen das Buch von Kathrin Sohst „zart im Nehmen“ gelesen habe, tun sich plötzlich völlig neue Einsichten auf und es fühlt sich sehr gut an, mit dem Anderssein nicht alleine zu sein. Und vor allem ist es sehr spannend, die neuen Möglichkeiten wahrzunehmen, zu sortieren und meinen Stärken auf die Spur zu kommen.
Kathrin Sohst beschreibt in ihrem Buch vier Typen von Hochsensibiliät, das finde ich sehr spannend. Wobei der Schwerpunkt nicht unbedingt auf einem der vier Punkte liegen muss. Meist ist es eine Mischung, in der einige Bereiche stärker ausgeprägt sind als andere:
- Empathisch hochsensible Menschen mit einem sehr großen Einfühlungsvermögen. Diese Menschen spüren die Atmosphäre in einem Raum und sie spüren, wie es dem Gegenüber geht. Für diesen Typus gilt es zu lernen, eine angemessene Distanz zwischen der eigenen Gefühlswelt und der anderer Menschen zu wahren.
- Kognitiv hochsensibe Menschen können komplexe Themen intellektuell und analytisch schnell und präzise erfassen und darstellen. Sie erkennen logische Brüche leicht. Sie behalten ihre Gefühle aber eher für sich, zeigen sie sehr selten und kultivieren eher ihr „Pokerface“. Dieser Typus wird leicht verunsichert durch Menschen, die ihre Emotionen offen leben.
- Sensorisch hochsensible Menschen empfinden Sinnesreize besonders stark. Sie sehen kleinste Details, nehmen feinste Gerüche wahr, hören gewissermaßen das Gras wachsen und ihr Tastsinn ist sehr ausgeprägt.
- Spirituell hochsensible Menschen haben oft Visionen und Vorahnungen. Sehr häufig haben sie einen medialen Zugang zu Wissen, das für andere nicht verfügbar ist. Dies stellt die Hochsensiblen vor besondere Herausforderungen, weil solche Wahrnehmungen von der Umwelt häufig nicht toleriert und abgelehnt werden.
Wichtig finde ich in diesem Zusammenhang, dass Hochsensibiltät ein vererbbarer Wesenszug und in den Genen angelegt ist. Es ist, wie Kathrin Sohst sagt, eine „Wahrnehmungsbegabung„. Bei hochsensiblen Menschen ist das Nervensystem etwas anders strukturiert. Diesen Wesenszug haben etwa 15 bis 20 Prozent der Bevölkerung.
Der Wesenszug „Hochsensibilität“ betrifft gleichermaßen Frauen und Männer, es gibt genauso viele hochsensible Männer wie Frauen. Sensibillität wird ja in erster Linie Frauen zugeschrieben. Was daran liegen kann, dass es für Männer in unserer Gesellschaft immer noch sehr schwierig ist, sich ihren Gefühlen, ihrer Empfindsamkeit und der eigenen Sensibilität positiv zu nähern. Die Erwartungshaltung gegenüber Männern ist in Familie, Gesellschaft und Wirtschaft auch heute noch sehr groß. Von Männern wird erwartet, dass sie nicht nur für finanzielle Sicherheit sorgen, sondern sich auch in der Kindererziehung und im Haushalt engagieren. Aber Männer und Frauen sind gerade dabei, ihre Rollen neu zu definieren, das ist eine große Chance für beide und für die Gesellschaft.
Kathrin Sohst schreibt dazu an alle hochsensiblen Männer:
„Nehmen Sie Ihre Wahrnehmung, Ihre Gefühle und Ihre sensible, andere Männlichkeit an. Die Wirtschaft ist auf der Suche nach neuen Lösungen, … Die unternehmerischen Herausforderungen unserer Zeit brauchen Querdenker, Starkfühler, Sanftmacher und Feintuner. Es ist eine gute Zeit, um neue Werte in diese Welt zu setzen … „
Das Buch „zart im Nehmen“ ist jedem zu empfehlen, nicht nur den hochsensiblen Menschen, die auf der Suche sind, sondern auch deren Familie und Freunden. Wenn du möchtest, kannst du meinen Affiliatelink verwenden (darüber freue ich mich und für dich ist das kein Nachteil) und das Buch hier bestellen
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